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Orioxy / Konzert: Jazzclub Neustadt

Bild © LM
 
Orient trifft Okzident: Julie Campiche (rechts) und Yael Miller.

NEUSTADT. Musikliebhaber, die das Neue und Außergewöhnliche suchen, kamen bei dem vom Jazzclub Neustadt im "Steinhäuser Hof" veranstalteten Konzert der Gruppe "Orioxy" am Samstagabend voll auf ihre Kosten. Die Band zauberte mit ihren Kompositionen und der Art ihrer Darbietung viele Fragezeichen auf die Gesichter ihres Publikums im vollbesetzten Saal. War das Jazz, Ethno oder Rock? Und wie entsteht dieser unvergleichliche Sound, der anscheinend immer wieder Piano- und Gitarrenklänge laut werden lässt, obwohl diese Instrumente gar nicht auf der Bühne sind? 

"Orioxy" sind die Sängerin Yael Miller, die Harfenistin Julie Campiche sowie das Rhythmusgespann Bassist Manu Hagmann und Schlagzeuger Roland Merlinc. Vor vier Jahren wurde das Quartett von den beiden Frauen im Ensemble gegründet. Die Arbeitsweise ist seither immer die gleiche geblieben. Die weibliche Hälfte der Combo komponiert die meist überlangen Songs, Miller schreibt die Texte dazu, und arrangiert werden die Stücke gemeinsam von allen. 

« Julie Campiche verwandelt die weiche Harfe in ein aggressives Führungsinstrument. » 

Der Name "Orioxy" setzt sich zusammen aus den Worten Orient und Okzident, wobei das letzte "i" aus grafischen Gründen einem "y" weichen musste. In der Firmierung "Orioxy" sind für Leute, die den Vierer unbedingt in eine Schublade einordnen wollen, somit erste Spuren zu finden, um eine Stilbestimmung durchführen zu können. Orient trifft Okzident, oder einfacher gesagt, die stimmgewaltige Israelin Yael Miller trifft in Genf, wohin sie 1996 ihren Wohnsitz verlegte, auf die Schweizer Musikerin Julie Campiche, die zwar Harfe spielt, selbst aber fast ausschließlich Piano-musik hört, und, davon inspiriert, ihr 47-saitiges Instrument mehr oder weniger unbewusst auch immer wieder wie ein Klavier klingen lässt. Die künstlerisch-kreativen Ideen der beiden, angereichert mit Geräuschen, die Campiche auf analogen Moog-Effektgeräten erzeugt, und von dem in Lyon lebenden Roland Merlinc mit dem notwendigen Groove versehen, verschmelzen bald zu einer vorher nie gehörten avantgardistisch/musikalisch/lyrischen Einheit. Manu Hagmann sorgt dabei mit seiner Art, Kontrabass zu spielen, dafür, dass der Zusammenhalt der beim Improvisieren oft weit auseinanderdriftenden "Orioxy"-Songs nie verloren geht. 

Das Geheimnis von "Orioxy" liegt also in der Individualität der einzelnen Bandmitglieder, die alle ihre unterschiedlichen musikalischen Wurzeln in das Bandgefüge einbringen, ohne sich dabei auf Egotrip zu begeben, wie in Neustadt schnell deutlich wurde. Miller singt mit glasklarer Stimme mal in Englisch, dann wieder in ihrer hebräischen Muttersprache, haucht sanft ins Mikrophon oder geht ganz aus sich heraus, wenn sie sich, wie im Titelstück der aktuellen "Orioxy" CD, "The Other Strangers", einer speziellen Gesangstechnik bedient, bei der sie statt Worten abgehackte Laute, ähnlich dem aus dem Jazzbe- reich bekannten Scat-Gesang, zu Gehör bringt. 


Hans Kraus
Die Rheinpfalz / 3. Dez. 2012

www.manusound.net