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Trionyx / Im Westen viel Neues

Mit dem Genfer Pianisten Maël Godinat und seinem Trio präsentiert sich ein Vertreter einer bei uns nach wie vor wenig bekannten Jazzlandschaft in Bern. 

Maël Godinat? Trionyx? Keiner der beiden Namen dürfte dem hiesigen Beobachter der Schweizer Jazzszene ein Begriff sein, wobei «Schweizer» im gegebenen Zusammenhang eingestandenermassen für «Deutschschweizer» stehen müsste. Diese Unwissenheit lässt erahnen, wie tief der Röstigraben offenbar nach wie vor ist oder wie harzig der Austausch zwischen den unterschiedlichen Jazzbiotopen in unserem kleinen Land verläuft. Dabei entfaltet der 1981 geborene Genfer Pianist Maël Godinat eine durchaus beachtliche Aktivität – nur sind die anderen Gruppen, mit denen er spielt, nicht viel bekannter als Trionyx, das Trio, mit dem er sich in Bern vorstellt. Auch die nicht wenigen selbst produzierten Platten haben Godinats Bekanntheitsgrad – zumindest bei uns – nicht steigern können. 

Dass den Deutschschweizer Jazzfreunden einiges entgangen ist, illustriert das im vergangenen September eingespielte Trionyx-Album «Chromos», das den aktuellen Sound des Trios wiedergeben dürfte. An der Seite des ebenfalls in Genf domizilierten Schlagzeugers Nelson Schaer und des Bassisten Manu Hagmann aus Lausanne, die neckischerweise denselben Jahrgang haben wie ihr Leader, präsentiert sich dieser als reifer, abgeklärter Lyriker. Seine Musik, für die er kompositorisch selbst verantwortlich zeichnet, entführt die Gedanken in Gefilde, wo sie zwanglos schweifen können. Glücklicherweise ist die Schönheit mit einem leicht herben Zug versetzt, der das Gehörte vor dem Abrutschen in den Kitsch bewahrt. 

Mit viel Delikatesse am Werk 
Der Klang des bestens eingespielten Trios ist kristallin. In ihm funkeln die unterschiedlichsten Farben, was einerseits auf den klassisch anmutenden Anschlag des Pianisten zurückzuführen ist, andererseits auf die Delikatesse, mit welcher der Bass und das Schlagzeug zu Werke gehen. Im Westen gibt es also viel Neues, das es unsererseits zu entdecken gilt, damit das Land jenseits des Röstigrabens jazzmässig keine Terra incognita bleibt.


gmn
Der Kleine Bund / 19. Apr. 2012

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